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Schreiben über das Schreiben

Über das Schreiben

Sol Stein

Lernen von einem der Besten: Sol Stein, Bestsellerautor und Lektor von Größen wie James Baldwin und Dylan Thomas. Sein Buch über das Schreiben ist praxisnah, inspirierend und genau auf dem passenden Niveau.

Rezension von Jörg Sadrozinski

Wenn Sie Tennis lernen wollen, würden Sie lieber zu Nowak Djokovic gehen oder zu einem unbekannten Tennislehrer? Vermutlich wäre Ihnen Djokovic zu extrem, auf einem zu hohen Niveau. Der unbekannte Lehrer hingegen vielleicht zu langweilig und uninspiriert. Von den Besten zu lernen, trotzdem „abgeholt“ werden auf seiner Spielklasse, so müsste der ideale Lehrer sein.

Bei kreativen Tätigkeiten wie dem Schreiben ist das ähnlich. Und Sol Stein ist einer der Besten: Bestsellerautor („Der junge Zauberer“), Lektor berühmter Autoren wie Dylan Thomas, James Baldwin oder Elia Kazan, und als Lehrer ausgezeichnet für Creative Writing. Der US-Amerikaner Sol Stein wurde 1926 geboren und ist 2019 verstorben. Er war auch ein Pionier in der Entwicklung von Computerprogrammen für Autoren, darunter das Schreibprogramm "WritePro". Durch seine vielfältigen Beiträge zur Literatur- und Verlagsbranche hat er einen bleibenden Einfluss auf das Schreiben und die Ausbildung von Autoren hinterlassen.

Eines seiner bekanntesten Sachbücher ist "Stein on Writing" (Über das Schreiben), ein umfassender Leitfaden für Schriftsteller:innen, der praktische Ratschläge und Techniken für das Schreiben von Belletristik und Sachtexten bietet. Dieses Buch wird häufig als eines der besten Lehrbücher für angehende Autor:innen angesehen.

Inhalt und Struktur

Das Buch ist in mehrere thematischen Abschnitte unterteilt, die verschiedene Aspekte des Schreibens abdecken:

Grundlagen des Schreibens: Stein beginnt mit den fundamentalen Prinzipien des Schreibens, einschließlich der Bedeutung von Klarheit und Präzision. Er betont die Notwendigkeit, die Leser:in von Anfang an zu fesseln und bietet Techniken zur Verbesserung des Schreibstils.

Charakterentwicklung: Ein bedeutender Teil des Buches ist der Schaffung und Entwicklung von glaubwürdigen, vielschichtigen Charakteren gewidmet. Stein erklärt, wie man Figuren lebendig und interessant gestaltet, und gibt praktische Tipps zur Charakterisierung.

Dialogführung: Stein widmet ein ganzes Kapitel der Kunst des Dialogs. Er zeigt, wie Dialoge verwendet werden können, um die Handlung voranzutreiben, Charaktere zu enthüllen und Spannung zu erzeugen. Dabei bietet er Beispiele und Übungen, um die Fähigkeiten des Lesers zu verbessern. Handlungsstruktur und Spannung: Stein erläutert, wie man eine packende Handlung aufbaut und Spannung aufrechterhält. Er beschreibt verschiedene Techniken zur Plotentwicklung und zeigt, wie man Wendepunkte effektiv einsetzt.

Überarbeitung und Redigieren: Ein weiterer wichtiger Teil des Buches behandelt die Überarbeitung und das Redigieren von Manuskripten. Stein gibt detaillierte Anweisungen, wie man den eigenen Text kritisch analysiert und verbessert.

Sachtexte und Sachbücher: Neben der Belletristik widmet sich Stein auch dem Schreiben von Sachtexten und Sachbüchern. Er erläutert, wie man komplexe Informationen verständlich und ansprechend präsentiert.

Stärken des Buches

Stein liefert konkrete, umsetzbare Tipps und Techniken, die sofort angewendet werden können. Seine Beispiele aus der Praxis machen die theoretischen Konzepte leicht verständlich. Die Einsichten eines erfahrenen Lektors und Verlegers bieten einen einzigartigen Blick auf den Schreibprozess und die Anforderungen des Marktes.

Das Buch deckt ein breites Spektrum an Themen ab, von der kreativen Ideenfindung bis hin zur detaillierten Überarbeitung, und ist somit ein umfassendes Nachschlagewerk. Beispiele:

1. Der "Nail the First Sentence"-Ansatz

Stein betont oft die Bedeutung des ersten Satzes in einem Text. Er gibt konkrete Beispiele dafür, wie ein guter erster Satz den Leser sofort in die Geschichte hineinzieht. Ein schlechter erster Satz hingegen lässt den Leser abschalten.

Praxis-Tipp: Stein fordert Autoren auf, sich die ersten Sätze erfolgreicher Romane anzusehen und zu überlegen, was sie so fesselnd macht. Danach sollten sie versuchen, einen ersten Satz zu schreiben, der einen Konflikt oder eine Frage aufwirft, die den Leser neugierig macht.

2. "Show, Don't Tell"

Stein erklärt das bekannte Prinzip "Show, Don't Tell" in der Praxis, indem er Beispiele dafür gibt, wie Autoren oft erklären statt zeigen. Anhand von Textpassagen zeigt er, wie durch die Beschreibung von Handlungen, Dialogen und sinnlichen Eindrücken mehr Leben und Spannung in die Geschichte gebracht wird.

Praxis-Tipp: Anstatt zu schreiben "Er war wütend", solle man den Charakter in einer wütenden Handlung zeigen: "Er knallte die Tür hinter sich zu, seine Hände zitterten, als er die Kaffeetasse vom Tisch fegte." So wird die Emotion lebendig und spürbar, ohne sie direkt zu benennen.

3. Dialog

Stein widmet sich der Kunst des Dialogs und gibt spezifische Hinweise, wie man Dialoge lebendig und realistisch gestaltet. Er zeigt, dass guter Dialog nicht nur Informationen weitergibt, sondern auch die Charaktere enthüllt und die Handlung vorantreibt.

Praxis-Tipp: Ein Beispiel, das Stein gibt, ist die Reduktion von Füllwörtern im Dialog. Oft verwenden Autor:innen zu viel unnötige Sprache, die den Dialog langweilig macht. Stein empfiehlt, den Dialog auf das Wesentliche zu kürzen und nur das zu belassen, was den Charakter oder die Handlung voranbringt.

4. Der "Verhör"-Ansatz für Charakterentwicklung

 Stein schlägt eine ungewöhnliche, aber praktische Methode zur Charakterentwicklung vor: das "Verhör" deiner Charaktere. Er fordert die Autor:in auf, den Hauptcharakteren detaillierte Fragen zu stellen, als würde man sie in einem Verhörraum befragen. Dies zwingt sie, über die Motive, Ängste und Ziele der Figuren nachzudenken.

Praxis-Tipp: Stelle deinem Charakter Fragen wie: "Was wäre das Schlimmste, was dir passieren könnte?" oder "Was würdest du tun, wenn du eine Million Dollar hättest?". Auf diese Weise lernst du die Tiefen deiner Figur kennen und kannst sie realistischer gestalten. 5. Spannung aufbauen Stein zeigt detailliert auf, wie man Spannung im Plot erhöht, indem man Konflikte schafft und die Figuren in Dilemmasituationen bringt. Er beschreibt zum Beispiel, wie man durch das Hinauszögern von Auflösungen eine unablässige Spannung erzeugen kann.

Praxis-Tipp: Anstatt ein Problem direkt zu lösen, füge Hürden hinzu. Lass den Protagonisten auf scheinbare Lösungen stoßen, die sich dann als falsch erweisen. Dadurch wird der Leser bei der Stange gehalten, da er unbedingt wissen will, wie das Dilemma gelöst wird.

6. Überarbeitungstechniken

Stein gibt nicht nur Tipps fürs Schreiben, sondern auch für die Überarbeitung. Er erklärt eine Technik namens "Cutting Clutter", bei der man überflüssige Wörter, Phrasen und Sätze streicht. Er fordert den Autor auf, den Text Zeile für Zeile durchzugehen und alles zu entfernen, was nicht zum Verständnis oder zur Wirkung beiträgt.

Praxis-Tipp: Er empfiehlt, bei der Überarbeitung jedes Adjektiv und Adverb zu überprüfen. Oft könnten diese durch stärkere, präzisere Verben und Nomen ersetzt werden, um den Text dynamischer zu gestalten. Zusammengefasst: Stein verwendet eine Vielzahl von praktischen Übungen und Tipps, die Autor:innen direkt auf ihr eigenes Schreiben anwenden können. Seine Beispiele aus echten Texten und die Aufforderung, selbst aktiv zu werden, machen "Stein on Writing" zu einem praxisnahen Ratgeber, der sich von theoretischen Schreibbüchern abhebt.

Sol Stein: Über das Schreiben Deutsch von Waltraud Götting Autorenhaus-Verlag, 464 Seiten, 24,90 Euro ISBN: 978-3-86671-126-6

Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben

Roy Peter Clark, ein erfahrener Journalist und Vizepräsident des renommierten Poynter Instituts, hat ein praxisnahes Handbuch für Autoren, Journalisten und Texter geschaffen.

Rezension von Jörg Sadrozinski