Gerade lese ich Kazuo Ishiguros „Was vom Tage übrig blieb“. Dieser Text ist, finde ich, ein Beispiel dafür, wie man Rückblenden wirkungsvoll einsetzt. Die Oberfläche dieses Romans liegt still da, in der Erzählgegenwart passiert auf der Handlungsebene fast nichts. Ein Butler fährt einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg durch Südengland. Er ist auf dem Weg zu einer alten Freundin, einer Haushälterin, die er bitten möchte, wieder mit ihm zusammenzuarbeiten. Er hält ab und zu an einem Aussichtspunkt. Einmal bremst er für ein Huhn, das über die Straße läuft. Und das ist es im Großen und Ganzen. Im Roman findet, wie in der Hauptfigur, alles unter der Oberfläche statt. Es sind die Rückblenden, die den Text spannend machen, und ich habe lange keinen so spannenden Text mehr gelesen.
Im Zuge dieser Lektüre ist mir aufgefallen, was an meinem eigenen Text nicht stimmt: Manche Rückblenden führen nirgendwo hin. Sie haben keinen Einfluss darauf, wie mein*e Leser*in die Fragen beantwortet, die der Text aufwirft. Ich denke, ich muss den Roman noch einmal hinsichtlich dieser Fragen durchsehen, sie präzisieren (für mich, nicht explizit) und bewusst Spuren legen und verwischen. Ich glaube, dann klappt es auch mit dem Spannungsbogen.
Ja, das ist das Spannende daran, nicht? Eine Freundin, die Psychologin ist, meinte einmal, man müsse davon ausgehen, dass jeder Mensch in einer Welt lebt, in der sein Handeln Sinn ergibt. Und das ist auch einfach sehr unterhaltsam.