Before we were innocent
Juni 2, 2025
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Schreiben über das Schreiben

Deutsch für Profis

Wolf Schneider

Wolf Schneider ist tot. Der Journalist, Autor, Moderator und Leiter der Henri-Nannen-Journalistenschule starb vor knapp drei Jahren.
Wolf Schneider lebt. In seinen Büchern, die die Grundlage für die WSKI, die „Wolf-Schneider-KI“ lieferten, und deren bekanntestes, „Deutsch für Profis: Wege zu gutem Stil“, hier wieder vorgestellt und rezensiert wird.

Rezension von Jörg Sadrozinski

Wolf Schneider veröffentlichte „Deutsch für Profis“ bereits 1982, da leitete er die Hamburger Journalistenschule, die er gemeinsam mit Henri Nannen, dem Herausgeber und Chefredakteur des Stern, 1979 gegründet hatte. Seit seinem Erscheinen gilt das Buch als Pflichtlektüre für alle, die beruflich schreiben – besonders für Journalist:innen, aber auch für PR-Fachleute, Sachbuchautor:innen und Redakteur:innen. Es folgten zahlreiche ähnliche Bücher: „Deutsch für junge Profis“, „Deutsch! Das Handbuch für attraktive Texte“ oder „Deutsch für Kenner: Die neue Stilkunde“. Schneider war auch ein guter Vermarkter – und er fand immer wieder ausreichend Beispiele für schlechtes Deutsch.

Durch „Deutsch für Profis“ und andere Veröffentlichungen wurde Schneider zum „Sprachpapst“, zur Instanz für gutes Deutsch. Sein Ziel: die Verbannung des schlechten, schwerfälligen, unnötig komplizierten Stils aus dem professionellen Schreiben. In „Deutsch für Profis“ führt er in kurzen, pointierten Kapiteln durch die wichtigsten Regeln guter Sprache: aktive Verben statt Nominalkonstruktionen, kurze Sätze statt Schachtelmonster, anschauliche Begriffe statt Abstrakta.

Er schreibt mit jener Klarheit und Prägnanz, die er predigt – oft scharfzüngig, manchmal polemisch, aber nie langweilig. Zahlreiche Negativbeispiele aus Behörden-, PR- und Mediensprache dienen als abschreckendes Material. Dem setzt Schneider positive Alternativen entgegen, immer mit einem Augenzwinkern und einer klaren Haltung: Sprache ist nicht nur Mittel zum Zweck, sondern Ausdruck von Geist und Haltung.

Beispiele gefällig? 

Schlecht: „Die Durchführung der Maßnahme erfolgt nach Abstimmung mit den zuständigen Stellen unter Berücksichtigung der aktuellen Rahmenbedingungen.“
Besser (nach Schneider): „Die Maßnahme wird mit den Zuständigen abgesprochen und dann umgesetzt.“
Schlecht: „Aufgrund des Umstandes, dass der Informationsfluss mangelhaft war, kam es zu erheblichen Verzögerungen bei der Bearbeitung.“
Besser: „Weil die Informationen fehlten, dauerte die Bearbeitung länger.“

Oder: Ein Wort ist um so verständlicher, kraftvoller und angenehmer zu lesen, je weniger Silben es hat. Das Wort „Paradigmenwechsel“, ein Modewort, hat sechs Silben und lässt sich leicht ersetzen durch Kurswechsel (drei Silben), Wandel (zwei Silben) oder Schwenk (eine Silbe). Vor allem die Einsilber seien immer vorzuziehen. Sie sind am verständlichsten, am natürlichsten und am stärksten: So wie Hand, Tisch, Berg, Wut, Liebe und Tod.

Schneiders Maximen – kurz zusammengefasst:
1. Substantive meiden, wo Verben klarer sind.
2. Kurze Sätze. Punkt.
3. Aktiv statt Passiv.
4. Deutsch statt Fremdwort (wenn’s geht).
5. Konkret statt abstrakt.
6. Sagen, was ist. Ohne Schnörkel.

Die Stärke des Buches ist seine unerschütterliche Klarheit: Schneider zeigt, wie aus schwer verständlichem Text präzise Information wird. Er verwendet Beispiele aus der Praxis: Die Texte stammen aus Zeitungen, Werbung, Politik – Schneider schreibt nicht über Theorie, sondern über reale Veröffentlichungen. Deshalb macht das Lesen Freude – trotz des Lehrbuchcharakters: Der Ton ist unterhaltsam, direkt und zugespitzt.
Deshalb ist „Deutsch für Profis“ zeitlos relevant: Auch Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung wirken Schneiders Regeln aktuell – im Zeitalter von „Information-Overflow“ mehr denn je.
Wer dagegen einen sanften Stilratgeber sucht, ist hier falsch. Schneider urteilt scharf – manchmal vielleicht zu scharf. In der Nannen-Schule mussten angehende Journalist:innen mit Maximen wie „Qualität kommt von Qual“ leben – von Freude am Schreiben oder Formulieren keine Rede. Und: Für kreative oder literarische Texte gelten seine Regeln nicht immer. Der Fokus liegt stark auf journalistischem Schreiben – wer in anderen Feldern arbeitet, muss manche Tipps übersetzen.

Fazit

„Deutsch für Profis“ ist ein Schreibwerkzeugkasten für alle, die beruflich schreiben müssen (oder wollen) – und ein Weckruf für jene, die sich hinter Worthülsen und Nominalstil verstecken. Wolf Schneider gelingt es, Regeln mit Leidenschaft zu verbinden. Wer dieses Buch liest, wird anders schreiben – kürzer, klarer, besser. „Deutsch für Profis“ ist eine stilistische Streitschrift, die zugleich Sprachratgeber und rhetorisches Manifest ist.

Wolf Schneider: Deutsch für Profis: Wege zu gutem Stil - Illustriert von Luis Murschetz, 288 Seiten, ISBN-13: 978-3-442-16175-1, u.a. erschienen im Goldmann-Verlag

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